Gemütlich beisammen sitzen und ratschen, essen, ohne kochen zu müssen, und dabei noch ein gutes Werk tun.
Ein Zeichen der Solidarität mit einem der ärmsten Länder der Welt ist das alljährliche Fastenessen, zu dem die Pfarrgemeinde Benediktbeuern in den Pfarrhof am Dorfplatz einlädt. Mit dem Erlös wird in diesem Jahr ein Straßenkinderprojekt der Salesianer Don Bosco in Liberia unterstützt.
In der Hauptstadt Monrovia leben viele Jugendliche auf dem ehemaligen Zentralfriedhof. Sie schlafen dort unter aufgebrochenen Grabplatten und in Nischen der früheren Gräber, weil sie keine Alternativen haben. Bruder Lothar Wagner SDB, der seit August 2020 in dem westafrikanischen Land ist, versucht den obdachlosen Jungen zu helfen. Zuhören, reden, Vertrauen aufbauen, Perspektiven aufzeigen – und ein warmes Essen anbieten. Das ist es, was Bruder Lothar und seine Kollegen unternehmen, um die oft drogenabhängigen oder der Prostitution nachgehenden Kinder wieder von der Straße zu holen.
In Monrovia schlafen Jugendliche in Grabstätten. Bruder Lothar Wagner SDB suchte die Jungen auf und „hörte ihnen zu“.
Die jungen Menschen leiden unter den Folgen eines jahrzehntelangen Rebellenkrieges und der Ebola-Katastrophe. Das Bildungssystem gilt als eines der schlechtesten weltweit. Polizei- und Justizwesen sind korrupt. Das Gesundheitssystem liegt am Boden. Nach einer neuen Studie sind mehr als die Hälfte der Bevölkerung von akuter Hungersnot betroffen. Die Liste könnte ich fortführen.
Kinder leben in Monrovia auf Friedhöfen
Letztendlich fatal aber ist, dass die Krise die Familien und damit die Kinder erreicht hat. Trotz harter Arbeit reicht der Tageslohn nicht aus, um die Familie zu ernähren. Frust und daraus resultierende Aggressionen kriegen die Kinder ab. Familien zerbrechen, Kinder landen reihenweise auf der Straße. Mir sind zahlreiche Kinder begegnet, die Drogen konsumieren, um ihrem Alltag zu entkommen. Das ist einfach erschreckend!
Die jungen Menschen brauchen Begegnungen mit Personen, die ihre Probleme ernst nehmen. Menschen, die ihnen helfen, konstruktiv mit Konflikten umzugehen und ihnen Zukunftsperspektiven aufzeigen. Die Jugendlichen brauchen Vorbilder und sie brauchen Aufmerksamkeit! Das bekommen sie aber meistens nicht und deshalb sinken sie immer weiter ab: In einen Teufelskreis von Drogensucht, Prostitution, Beschaffungskriminalität und letztendlich Krankheit und Verzweiflung.
Wir müssen für die Kinder und Jugendlichen da sein. Um es mit Papst Franziskus zu sagen, in den Peripherien und Brennpunkten präsent sein. Es braucht eine nachhaltige Partnerschaft zwischen den Kindern und den Salesianern. Und das kann und darf nicht nur eine unverbindliche Absichtserklärung sein. So, wie wir es oft aus der Politik kennen.
Schul-und Berufsbildung als Chance auf ein neues Leben
Sondern es muss ganz konkret bedeuten, dass wir mit den Kindern durch dick und dünn gehen. Tag und Nacht: sie von den Straßen holen und zurück in ihre Familien bringen. Sie aus den Gefängnissen zurück in die Schulen bringen, sie aus der Drogensucht in eine sinnhafte Lebenslage bringen. Sie brauchen intakte Familien, gute Schulbildung und eine zukunftsfähige Berufsausbildung.
Welche Momente oder Begegnungen geben dir Kraft?
Es war bei strömenden Regen, als ich zum ersten Mal auf dem Zentralfriedhof in Monrovia unterwegs war. Dort entdeckte ich Kinder, die in Grabstätten leben, weil sie sonst kein Dach über dem Kopf haben. Auf einmal hatte ich einen längeren Blickkontakt zu einem Kind, das in einer Grabstätte zu mir herüberschaute.
Kinder, die in Grabstätten übernachten
Nach einer Weile lächelte es mir zu. Ohne Worte. Eine kleine Geste als ein klares Zeichen. Eine Einladung, dass ich in seiner Lebenswelt willkommen bin. Das fand ich einfach überwältigend. Es erlaubte mir, näher zu treten, einzutreten in seine Welt. Das hatte mich wirklich in meinem Lebensentschluss bestärkt, gerade für die vergessenen Kinder da zu sein.