Im Jahre 1053 kamen Reliquien von ihr, insbesondere die Kopfschale, von S. Maria in Organo bei Verona auf etwas abenteuerliche Weise nach Benediktbeuern. Schon in spätgotischer Zeit wurde sie namentlich bei Kopf- und Nervenleiden angerufen.
Anfang des Jahres 1704, im Spanischen Erbfolgekrieg, schrieb man ihrer Fürbitte die Rettung des Klosters und der umliegenden Dörfer aus höchster Kriegsgefahr durch das sog. „Kochelseewunder“ zu. Was war geschehen? Nachdem im Sommer 1703 der bayerische Kurfürst ganz Nordtirol, bis über den Brenner erobert hatte, versuchten nun die Tiroler, sich in den bayerischen Landen schadlos zu halten. Sie verlangten vom Benediktbeurer Abt Eiland Öttl Tribut mit der Androhung, das Kloster zu erobern und niederzubrennen. Doch dieser weigerte sich, da er sich unschuldig an der Politik Max Emanuels wusste und nicht nur auf Gott vertraute, sondern auch auf die Stärke seiner Schützen aus dem ganzen Klosterland, die ihre Heimat bisher erfolgreich verteidigt hatten.
Man wähnte sich schon außer Gefahr, als ein besonders harter Kriegswinter herein brach und eine unerwartete Wendung brachte. Der Kochelsee, die Loisach und die umliegenden Moorgebiete waren aufgrund der enormen Kälte so fest gefroren, dass sich für das Österreichische Militär und die Tiroler Schützen plötzlich eine neue Chance ergab, das Kloster zu überfallen. Durch Flüchtlinge erfuhr der Abt vom herannahenden Unheil, und ihm und seinen Mönchen blieb letztlich nur das Beten.
Da am nächsten Tag, am 29. Januar, der Festtag der Hl. Anastasia war, vertraute man sich in der Not ihrer Fürbitte an. Noch am gleichen Nachmittag setzte ein so starker Föhnwind ein, dass das knochenhart gefrorene Moor und Eis innerhalb von drei Stunden weich wurden. Der Angriff wurde abgeblasen, die gesamte Attacke der Gegner wäre buchstäblich ins Wasser gefallen und im Moor stecken geblieben.
Wenn es auch nie eine kirchlich-autoritative Anerkennung für dieses Wunder gab, so gilt dennoch der Spruch: „Wenn es auch schon nicht ein Wunder war, so war’s zumindest wunderbar“.
Aus Dankbarkeit ließ Abt Leonhard Hohenauer (1742-1758) ihr zu Ehren von den besten Meistern eine ganz neue Kapelle bauen, die zu einem Juwel des Rokoko werden sollte. Die glanzvolle Kapelle ist ein Ehrenschrein für die edle Silberbüste der Anastasia. Sie wurde 1725 in München angefertigt und in ihr wird seitdem die Hauptschale der Anastasia aufbewahrt. Im Glastabernakel der Kapelle steht heute das Holzmodell für die Silberbüste.
Auf Wunsch kann die Reliquie auch heute noch den Gläubigen „aufgesetzt“ werden. Eine feierliche Andacht findet jeweils am 1. Weihnachtsfeiertag und am Pfingstmontag um 14.00 Uhr statt.
Text: Helmut Zenz